Architekturbiennale: Das Bauen als Lösung

Branche, 27.08.25
Helena Zottmann
Diese Vielfalt ist auch heuer wieder nicht zu fassen: Die 19. Architekturbiennale in Venedig zeigt Exponate aus aller Welt und bringt die Möglichkeiten zukunftsfähigen Planens ins Gespräch. Mit Holz als ganz beiläufigem Hauptakteur.

Intelligens: Natural. Artifical. Collective“ – die 19. Architekturbiennale in Venedig zeigt 2025 die Bandbreite an zukunftsfähigen Technologien und Arbeitsweisen auf. Die Verbindung des Natürlichen mit dem Künstlichen sowie die Zusammenarbeit der Menschen miteinander und mit der Technologie sind die Eckpunkte der Ausstellung. Der diesjährige Biennale-Kurator Carlo Ratti sagte bei der Eröffnung am 10. Mai, dass die -Biennale zu einem „dynamischen Labor“ werden sollte, bei dem auch die Gäste zum Teil der Ausstellung wurden. Denn Anpassung, so argumentierte er, gelinge vor allem durch Inklusivität und Zusammenarbeit über die Disziplinen hinweg.

Transdisziplinärer Grundgedanke

Für die Ausstellung lud er daher nicht nur Architektinnen und Architekten, sondern Menschen aus unterschiedlichen Disziplinen und Herangehensweisen ein – und zwar mit einem Open Call. Erstmals in der Geschichte der Venzianischen Architekturbiennale waren Praktiker:innen wie Gelehrte, Wissenschaftler:innen wie Aktivist:innen, Künstler:innen wie Architekt:innen aufgefordert, ihre Ideen zu präsentieren. In Tausenden von E-Mails fand das Team um Kurator Ratti dann jene Ideen, Lösungsansätze und Experimente, die noch bis November 2025 auf der Biennale zu sehen sind. So konnten sie Stimmen finden, die ohne diesen offenen Aufruf wohl nie entdeckt worden wären, meinte Carlo Ratti dazu.

Grenzenloser Aufruf

750 Teilnehmer:innen und über 300 Projekte sind in den Giardini, dem Arsenale und in der ganzen Stadt verteilt zu finden – eine Anzahl, die bereits im Vorfeld klarmacht, dass ein einziger Besuch nicht alles sehen lässt. Egal ob Kunst oder Architektur – die Biennale ist jedes Mal auch eine Herausforderung für die Besucher:innen. Auf der 19. Architekturbiennale spaziert man durch ein Wunderland aus Lösungen und Lösungsansätzen, bekommt Lust auf die Welt von morgen. Von traditionellen Bauweisen frühzeitlicher Behausungen bis zu Robotik-unterstützter Produktion, von biophiler Wirkung bis zu Bottom–up-Gestaltungsansätzen, von selbstwachsenden Planktonkon-struktionen bis zum kühlenden Umbau bestehender, denkmalgeschützter Dächer: In der Geschichte der menschlichen Zivilisation und auch in der Auseinandersetzung mit dem Klimawandel geht es stets ums Überleben und um den Optimismus des Weiterbestehens.

Fühlbare Wahrheiten

Die Ausstellung verweist auf Vorteile traditioneller Bauweisen und die Schattenseiten von Technologie spüren, sie lässt Besucher:innen mit Robotern interagieren und bringt den Gästen Zirkularität als Idee und auch in der Baupraxis näher. Der Spaziergang durch das Arsenal etwa beginnt eindrucksvoll mit einem dunklen Raum, in dem sich ein Weg durch wassergefüllte Becken windet und in dem laut und heiß die Entlüftungen von Klimaanlagen wummern. Durch einen dicken Vorhang betritt man dann einen hellen, auf 20 Grad gekühlten Raum. Ursache und Wirkung, individueller Wunsch und gesamtgesellschaftliche Wirklichkeit liegen hier ganz nah beisammen.

Hölzerner Wohlfühlraum vor der Tür: Pavillon der USA (Giardini)

Mit der Terrasse als Treffpunkt zwischen dem Innen und Außen, als Schaufenster und repräsentativer Vorgarten beschäftigt sich der Pavillon der USA. Dafür wurde eine riesige Veranda aufgebaut, die den Inhalt der Ausstellung zu spüren gibt. Ein konsumfreier Ort der Rast und Ruhe mit Sitzgelegenheiten und einem Baum in der Mitte entstand hier zwischen den vielen Pavillons. In der Ausstellung selbst nähern sich verschiedene Teilnehmende durch zeitgenössische und historische Auseinandersetzungen an die Vergangenheit und Zukunft der „Porch“ an.

 

Gebaute Zirkularität am eigenen Beispiel: Dänischer Pavillon (GIARDINI)

Der dänische Pavillon wurde selbst zum Exponat: Sämtliche verbaute Materialien wurden katalogisiert und zur Begutachtung aufgebaut. Der Pavillon wurde eine Baustelle und Materiallager zugleich. Die Menschheit habe bereits alles geschaffen, was sie benötige, so der Architekt und Kurator des Pavillons Søren Pihlmann, daher sei es notwendig, das Vorhandene besser zu verstehen und seinen Wert zu erkennen. Der Grundgedanke der Kreislaufwirtschaft stößt in der Praxis oft an seine Grenzen, weshalb es machbare Lösungen für die Katalogisierung und Zwischenlagerung der vorhandenen Materialien benötigt. Der dänische Pavillon nimmt sich dieser Herausforderung an, begleitet von zahlreichen Universitäten und Forschungsabteilungen.

Vorlagen für ein globales Gleichgewicht:  Spanischer Pavillon (Giardini)

Mit einer Kombination aus Bildern und greifbaren Beispielen zeigt der Pavillon spanische Strategien für die Dekarbonisierung und eine nachhaltige Bauweise. Unter dem Titel „Internalities: Architectures for a territorial Equilibrium“ (Architekturen für ein territoriales Gleichgewicht) sind Techniken und Technologien mit natürlichen Materialien von Holz über Lehm bis Stein aufgezeigt. Einmal mehr werden hier die positiven Effekte von Holz auf den CO2-Haushalt beim Bauen hervorgehoben. Dem Kreislaufgedanken folgend sind die Bilder in einfach gebauten Rahmen aus Holz und Pappe ausgestellt.