Holzhäuser: Hightech vs. Lowtech

Technik, 05.07.24
Adrian Engel
Smarte Häuser sind auch in der Holzbaubranche ein spannendes Feld. Doch wie smart soll und darf die Technik sein? Zwei Experten aus der Branche im Interview.
Michael Rohrmair, welche Bedeutung haben smarte Holzhäuser denn für die Holzbaubranche?

Michael Rohrmair: Smarte Holzhäuser vereinen Nachhaltigkeit, Effizienz und Innovation, und tragen dazu bei, dass wir nicht nur intelligenter, sondern auch verantwortungsbewusster bauen und leben können. Sie fusionieren die traditionelle Bauweise mit modernster Technologie, was eine Reihe von Vorteilen für die Bewohner:innen und die Gesellschaft insgesamt bietet. Der wichtigste Punkt ist jedoch, dass smarte Holzhäuser die Innovation und den Fortschritt der Bauindustrie im Allgemeinen fördern.

„Ideal wäre es, wenn künftig die Gebäude möglichst autark in der Stromversorgung funktionieren würden und dabei auch die Mobilität eingebunden ist.“ – Helmut Möseneder, Geschäftsführer, Genböck Haus

Helmut Möseneder, von welchen technischen Funktionen sprechen wir hier?

Helmut Möseneder: Durch smarte Haustechniklösungen können viele Funktionen im Bereich der Haussteuerung optimiert werden. Etwa können smarte Beschattungslösungen vor Überhitzung im Sommer schützen und in Verbindung mit der Heizungssteuerung zur Reduktion des Energieeinsatzes beitragen oder Lichtszenen das Wohnen angenehmer machen. Die zentrale Steuerung bietet viel Komfort und Sicherheit wie beispielsweise Alarmfunktionen oder Raumüberwachungen.

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„Wir sehen einen ganz starken Trend zu smarten Holzhäusern in Fertigbau­­weise. Innovation, Kosten­effizienz und Marktangebot passen hier gut zusammen.“ – Michael Rohrmair, CEO, TECHWOODHOMES

Inwiefern werden die Potenziale schon ausgeschöpft?

MR: In unserem Unternehmen sehen wir einen ganz starken Trend zu smarten Holzhäusern in Fertigbauweise. Innovation, Kosteneffizienz und Marktangebot passen hier gut zusammen. Ein Bereich, in dem einiges passiert, ist die Integration von IoT-gesteuerten Systemen zur Verbesserung der Energieeffizienz und des Wohnkomforts. Viele smarte Holzhäuser sind bereits mit intelligenten Heizungs- und Belüftungssystemen ausgestattet, die den Energieverbrauch optimieren und den Bewohner:innen ein angenehmes Raumklima bieten. Denn Smart Home als Mega­trend heißt nicht, nachträglich die per App steuerbaren Glühlampen zu installieren – Smart Home fängt bei der Planung an.

HM: Ein modernes Haus muss für viele Jahre in die Zukunft geplant werden und dabei sind Szenarien zu berücksichtigen, die man vielleicht jetzt noch gar nicht bedenkt. Es muss also ein möglichst offenes System sein, dass auch später noch erweitert werden kann. Wichtig für die Zukunft sind etwa dezentrale Stromversorgungen, um die Stromnetze zu entlasten. Das sollte ein modernes, smartes Haus jedenfalls ermöglichen.

Gibt es Fälle, in welchen ein Lowtech-­Holzhaus vielleicht sinnvoller wäre?

MR: Tatsächlich fällt mir kein eindeutiger Bereich ein, in dem Lowtech sinnvoller wäre. Selbst in Regionen, in denen kein Internetzugang gegeben ist, läuft unser System lokal und unsere Häuser steuern und optimieren sich laufend selbst aufgrund der verbauten Technik. Videokameras, Photovoltaik und Batteriespeicher sind beispielsweise ebenso unabhängig. Einzig Fernabfragen und Steuerungen des Eingangstores wären nicht möglich. Hinsichtlich der Kosten mag es vielleicht nicht für jeden möglich sein, in Tech zu investieren, sinnvoller wäre es aber – und am besten natürlich kombiniert mit einem nachhaltigen Ansatz.

Was braucht es für die Zukunft, damit sich smarte Holzhäuser durchsetzen?

HM: Ich denke, dass künftig die eigene Stromversorgung eines Hauses ein wichtiger Bereich wird, und durch die dezentrale Produktion und Speicherung hier noch Entwicklungspotenzial auch in der Steuerung besteht. Ideal wäre es, wenn künftig die Gebäude möglichst autark in der Stromversorgung funktionieren würden und dabei auch die Mobilität eingebunden ist.

MR: Herausforderungen sehe ich vor allem in der effizienten Planung. Wir haben dafür unsere KI implementiert. So setzen wir im Bau beispielsweise auf einen mikromodularen Ansatz. Das bedeutet, dass wir verschiedene Module, die so klein wie möglich sind, über all unsere Häuser hinweg verwenden und produzieren. Dadurch erreichen wir nicht nur eine enorme Flexibilität bei der Vorproduktion, sondern ermöglichen auch den Einsatz unserer KI. Diese kann anhand eingegebener Wunschparameter wie Wohnnutzfläche oder Anzahl der Zimmer auf Basis unserer Module einen individuellen Grundriss erstellen und Hardwareeinbau oder Beleuchtungskonzept optimieren. Gleichzeitig erzeugt sie Polier­pläne, Elektro- und Sanitärpläne und führt auch wesentliche Berechnungen zur Statik und zum Energieausweis durch. Ich denke, dass dies in Zukunft immer entscheidender wird. Denn die Baubranche steht nicht still.

... und Lowtech?

Sabine Erber ist Architektin und Expertin für energieeffizientes Bauen beim Energieinstitut Vorarlberg. Wir haben nachgefragt:

Was sind und können Lowtech-Gebäude?

·       Energieeffizient, ressourcenschonend und wirtschaftlich

·       Auf eine lange Lebensdauer angelegt und robust

·       Die Baukonstruktion erfüllt Klimaanforderungen

·       Behaglichkeit im gesamten Jahresverlauf

·       klein dimensionierte Heizung, intelligent geplante Lüftungsanlage für den notwendigen Luftwechsel bei frequentierten Räumen, keine Überhitzungstendenz

·       Holzbau: Gibt es Möglichkeiten zur Phasenverzögerung und Nachtauskühlung?

·       Vernünftig dimensionierte Glasanteile, Verschattungsmöglichkeit

·       Einfache Bedienung und Instandhaltung der notwendigen Gebäudetechnik

·       Leicht austauschbare und möglichst reparierbare Komponenten