Nachhaltigkeit im Fensterbau: Sind wirkstofffreie Beschichtungen eine Lösung?

Branchennews, 28.11.23
Pressemitteilung
Holzfenster können derzeit nur sehr eingeschränkt recycelt werden, da sie zum Schutz vor holzzerstörenden Organismen meist imprägniert wurden. Wirkstofffreie und -reduzierte Beschichtungen, wie sie etwa der österreichische Lackhersteller ADLER anbietet, stellen eine interessante Alternative dar. Die Möglichkeiten, aber auch Grenzen derartiger Systeme erklärt Rainer Troppmair, Entwicklungsleiter für Fenster- und Bautenlacke bei ADLER, im Interview.

Rainer Troppmair, inwieweit sind Holzschutzmittel bei der Fensterbeschichtung eigentlich nötig?

Rainer Troppmair: Grundsätzlich ist das Holz durch die Lackierung mit einer hochwertigen Beschichtung bereits sehr gut geschützt: Holzschädigenden Organismen können durch die physikalische Barriere nicht ins Holz vordringen. Außerdem bleibt die Holzfeuchte so niedrig, dass es keinen Nährboden z. B. für Pilze bietet. All das gilt aber nur, solange der Lackfilm das Holz vollständig abdeckt und unbeschädigt ist. Ist das nicht der Fall, etwa durch eine Beschädigung bei der Montage oder eine ungünstige Einbausituation, kann das Holz angegriffen werden. Schäden und Verfärbungen durch Pilze und Bläue sind die Folge. Um dem vorzubeugen, müssen Holzfenster laut Norm im Regelfall mit einem Holzschutzmittel imprägniert werden.

Sind diese Holzschutzmittel gesundheitlich bedenklich?

Zumindest für die Fensterbeschichtungen von ADLER kann ich gesundheitliche Risiken definitiv ausschließen. Zum einen handelt es sich um sehr moderne Holzschutzmittel, die nur in äußerst geringen Mengen eingesetzt werden. Zum anderen befinden sich die Wirkstoffe bei unseren Systemen nur in der Imprägnierung und werden vom Decklack umhüllt. So kann der Wirkstoff nicht in die Innenraumluft oder in die Umwelt ausdunsten – das ist auch durch Innenraumluftmessungen geprüft und belegt.

Aber auch vollständig wirkstofffreie Beschichtungen werden immer wieder angefragt.

Das ist richtig, besonders bei Bauvorhaben, bei denen Nachhaltigkeit im Vordergrund steht, kommen Fensterbeschichtungen ohne Holzschutzmittel immer wieder zur Sprache. Aus diesem Grund bieten wir bei ADLER neben unseren Standard-Systemen auch vollständig wirkstofffreie Beschichtungsaufbauten mit der biozidfreien Grundierung Aquawood Primo TG WF an – sowohl für deckende als auch für lasierende Beschichtungen sowie für geölte Oberflächen. Daneben gibt es auch wirkstoffreduzierte Beschichtungen: Sie enthalten eine deutlich reduzierte Menge an Biozid, die das Fenster vor oberflächlichem Algen- und Pilzbewuchs sowie Schimmelbefall schützt. Allerdings muss bei solchen wirkstofffreien oder -reduzierten Aufbauten immer auf die damit verbundenen Risiken für den Hersteller hingewiesen werden.

Worin liegen diese Risiken?

Wie schon erwähnt ist das Fenster bei wirkstofffreien Beschichtungen nur dann ausreichend geschützt, wenn die Oberfläche intakt ist. Die größten Risiken liegen dabei in der Bauphase: Beim Transport, beim Einbau der Fenster, beim Verputzen und anderen Baumaßnahmen kann es leicht zu mechanischen Beschädigungen kommen, etwa im Anschlussbereich zum Mauerwerk. Dazu kommt eine hohe Feuchtigkeitsbelastung, bis Verputz und Estrich durchgetrocknet sind. Wenn in dieser Phase nicht sehr gut gelüftet wird, etwa bei niedrigen Außentemperaturen in der Heizsaison, kann die Holzfeuchte rasch über den kritischen Wert von 20 % steigen. Aber auch nach der Bauphase muss der Raum gut gelüftet und das Fenster regelmäßig gepflegt werden, um etwa Verfärbungen zu verhindern. All diese Risiken liegen nicht mehr im Einflussbereich des Fensterherstellers, er kann lediglich seine Kunden dahingehend beraten – etwa hinsichtlich der richtigen Fensterpflege mit geeigneten Produkten wie dem Windoor Care Set von ADLER. Oder der Fensterhersteller beugt den Risiken vor, indem er eine entsprechend ausgestattete Beschichtung verarbeitet. Aus diesem Grund wird Holzschutz auch von den gesetzlichen Normen im Regelfall vorgeschrieben.

Wie sehen diese Normen aus?

Die Normen für Holzfenster sind europaweit nicht einheitlich, aber grob zusammengefasst kann man sagen: Für die im Fensterbau am meisten verwendeten Hölzer wie Fichte, Kiefer oder Tanne ist aufgrund der jeweiligen Resistenzklassen ein Holzschutz vorgeschrieben. Auf Holzschutz verzichtet werden kann lediglich bei von Natur aus sehr resistenten Hölzern – abgesehen von europäischer Eiche sind das meist Exotenhölzer, also keine besonders nachhaltige Option. Eine Ausnahme sind Hölzer wie europäische Lärche oder Douglasie mit einem Splintholzanteil unter 5 %. Aber diese Hölzer sind dementsprechend kostspielig und am Markt häufig schwer verfügbar, daher werden sie weniger eingesetzt.

Holzschutzmittel sind bei Fenstern also nicht nur aufgrund der Funktionalität, sondern auch hinsichtlich der Normen in vielen Fällen unvermeidlich. Gleichzeitig wird so aber ein Recycling der Holzfenster verhindert.

Das ist tatsächlich eine unbefriedigende Lage, denn der nachwachsende, ökologische, wohngesunde Werkstoff Holz ist für nachhaltiges Bauen und Kreislaufwirtschaft geradezu prädestiniert. Dennoch können Holzfenster aufgrund der gesetzlichen Lage derzeit nur sehr eingeschränkt wiederverwertet werden. In Österreich verbietet der Gesetzgeber sogar jegliches Recycling beschichteter Holzfenster – ganz egal, ob Holzschutzmittel verwendet wurden oder nicht. In Deutschland ist die Situation etwas anders, hier ist ein Recycling von wirkstofffrei beschichteten Fenstern grundsätzlich möglich – in der Theorie. Aber wie sieht die Praxis aus? Fenster haben eine Lebensdauer von mehreren Jahrzehnten, nach diesem Zeitraum lässt sich kaum noch zweifelsfrei eruieren, welche Beschichtung tatsächlich verwendet wurde. Ein klassisches Recycling von Fenstern ist im Rahmen der heutigen Regelungen also schwierig, es besteht höchstens die Möglichkeit, das Fenster komplett zu sanieren, es also bis auf das rohe Fensterkantel rückzubauen, Dichtungen, Beschläge, Glas und Beschichtung zu entfernen – ein sehr aufwändiger Prozess, der nur in Ausnahmefällen, etwa bei historischen Fenstern, angewandt wird. Umso wichtiger ist es, für die Zukunft nach neuen Ansätzen zu suchen, um Holzfenster kreislauffähig zu machen.

Wo sehen Sie solche Ansatzpunkte?

ADLER hat gemeinsam mit der Holzforschung Austria ein Forschungsprojekt initiiert, bei dem Teilnehmer:innen aus Wirtschaft, Wissenschaft und Technik über diese Frage diskutieren. Wir gehen z. B. der Frage nach, ob sich Fensterkanteln für ein Upcycling zu Bodenbelägen oder für den Möbelbau eignen. Nach unserer Ansicht ist das für wirkstofffrei oder -reduziert beschichtete Fenster problemlos möglich, sogar ohne den Lack zu entfernen. Aber auch für Beschichtungen mit Holzschutzmittel sehen wir Möglichkeiten, denn die Untersuchungen haben gezeigt, dass die Holzschutzmittel nur sehr oberflächlich ins Holz eindringen. Gefordert ist aber auch der Gesetzgeber: Wirkstofffrei beschichtete Fenster sollten generell wiederverwertbar sein, dazu braucht es Systeme, in denen dokumentiert ist, welche Beschichtung beim jeweiligen Bauteil verarbeitet wurde. Darüber hinaus ist auch zu hinterfragen, ob bei modernen Holzschutzmitteln, wie wir sie bei ADLER verwenden, nicht ebenfalls eine Wiederverwertung etwa für Spanplatten oder Dämmmaterialien möglich sein sollte.

Sind vor diesem Hintergrund wirkstofffreie Beschichtungen zum aktuellen Zeitpunkt ein Schlüssel zum nachhaltigen Fensterbau?

Wenn es ausschließlich um die Frage der Nachhaltigkeit geht, sind wirkstofffreie Beschichtungen sicherlich ein Ansatz, aber nicht die einzige Lösung. Nicht zuletzt deshalb, weil die Beschichtung nur ein Teil von vielen am Fenster ist: Ist ein Fenster aus Tropenholz nachhaltiger als jenes aus heimischer Fichte, das dafür Holzschutz benötigt? Wie sieht es mit Glas und Dichtungen aus? Mit welchen Materialien wurde das Fenster eingebaut? Außerdem ist Nachhaltigkeit natürlich ein zwar wichtiger, aber nicht der einzige Aspekt – auch die Funktionalität und natürlich die Optik des Fensters müssen dauerhaft gewährleistet sein.

Abschließend: Was empfehlen Sie Ihren Kunden?

In erster Linie empfehlen wir, die Für und Wider einer wirkstofffreien Beschichtung gut abzuwägen, mögliche Risiken ehrlich zu betrachten und mit dem Auftraggeber zu besprechen und ihn auch über eventuelle Abweichungen von der Norm transparent zu informieren. Wenn die Rahmenbedingungen – von der Fensterherstellung über den Einbau bis hin zur späteren Pflege – optimal sind, dann ist ein Holzfenster auch ohne biozide Wirkstoffe gut geschützt. In allen anderen Fällen ist eine Fensterbeschichtung mit Holzschutz die risikofreie Wahl, denn sie bietet sozusagen ein „Rundum-sorglos-Paket“ – zumal der Fensterhersteller zwar einen einwandfreien Produktionsprozess des Fensters sicherstellen kann, alles andere aber, der Einbau oder die Pflege, nicht mehr in seinem Einflussbereich liegt. Aber egal, wie sich der Kunde letztendlich entscheidet: Unser Anspruch ist es, ihm für jede Variante einen hochwertigen Beschichtungsaufbau zur Verfügung zu stellen, der die besten Qualitätsmaßstäbe erfüllt – von der Verarbeitung über Widerstandsfähigkeit und Optik der Oberfläche bis hin zur Umweltverträglichkeit.

 

www.adler-lacke.com

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