Sozialer Wohnbau mit Holz

Branche, 23.09.25
Gastartikel: Regina M. Lettner
Klimafreundlich, flexibel – aber immer noch unterschätzt.

Warum sich Holzbau als Holzbau zum verbreiteten Betonbau etablieren sollte.

Fragt man Menschen in Ballungsräumen, was die dringendsten Maßnahmen wären, die sie sich von Bürgermeister:innen und Stadtverwaltungen erwarten, steht der soziale Wohnbau an erster Stelle. Und sie haben recht: Leistbarer Wohnraum für die breite Masse sollte sich nicht in Privathänden befinden, sondern ist Aufgabe der Öffentlichen Hand. Doch die Kommunen und gemeinnützigen Bauträger geben sich zurückhaltend. Sozialer Wohnbau ist teuer und umweltschädlich – Stichwort Boden–ver-siegel-ung und „Betongold“. Unterschätzt wird in diesem Kontext der soziale Wohnbau mit Holzsystemen oder Holzmodulen. Er bringt zahlreiche Vorteile und verdient es, ins Rampenlicht gesetzt zu werden.

Im Jahr 2022 habe ich mit meinem Team das „1. Wiener WohnBAUMprogramm“ entwickelt und mit den drei Projekten „HoWo Wald/Wiese/Wasser“ gemeinsam mit der Wohnbauvereinigung für Privat-angestellte (WBV-GPA) an einer Ausschreibung in Wien teilgenommen. Auch wenn wir diese nicht gewonnen haben, bin ich nach wie vor überzeugt davon, dass Holzbau eine tragfähige und aus vielen Gründen bessere Lösung für leistbaren, klimafreundlichen Wohnraum ist. Der Aspekt des „Sozialen“ bei Mehrfamilienwohnhäusern aus Holz ist dabei sehr vielschichtig. Es geht natürlich um kostengünstige Errichtung, aber auch um gesundes Wohnen, Gemeinschaftsflächen, maximale Flexibilität und natürlich geringe Betriebskosten für die Bewohner:innen.

»Holz ist ein wunderbarer Baustoff, der alle Facetten von Nachhaltigkeit in sich vereint. Es macht einfach einen Unterschied, ob nur der Boden aus Holz ist (wie in Betonbauten), oder ob man in einem Haus wohnt, das ganz aus Holz gedacht wurde. Das spürt man. Es ist ein ganz anderes Nach-Hause-Kommen, wenn man in einer solchen Anlage wohnt.«

Sozialaspekt 1: kosten- und ressourcenschonend

Die Vorteile des Holzbaus liegen in der hohen Vorfertigung, die kurze Bauzeiten und reduzierte Baukosten ermöglicht. Und: Wohnungssuchende können schneller einziehen. Durch die serielle Produktion werden Qualität und Kostenkontrolle verbessert, wodurch sozialer Wohnbau wieder leistbar wird. Zudem ermöglicht die Bauweise eine einfache Erweiterung oder Umnutzung der Wohnanlagen, sodass flexible Wohnformen für unterschiedliche Bedarfe entstehen.

Sozialaspekt 2: nachhaltig und kreislauffähig

Holz ist als nachwachsender Rohstoff besonders nachhaltig und klimafreundlich. Die verwendeten Holzbausysteme sind so konzipiert, dass sie den Prinzipien der Kreislaufwirtschaft folgen: Bauteile lassen sich rückbauen, wiederverwenden oder recyceln. Dies reduziert den Ressourcenverbrauch und minimiert den CO2-Fußabdruck der Gebäude. Zudem sorgt der Einsatz von Holz für ein gesundes Raumklima, da das Material Feuchtigkeit reguliert und eine angenehme Oberflächentemperatur bietet.

Sozialaspekt 3: energieeffizient und sparsam

Neben den baulichen Vorteilen spielt die Energieeffizienz eine zentrale Rolle im sozialen Wohnbau mit Holz. Die „HoWo“-Bauprojekte setzten auf erneuerbare Energien wie Geothermie und Photovoltaik, wodurch die Betriebskosten niedrig gehalten werden. Es ist erwiesen, dass sich „sichtbare“ Holzoberflächen immer warm anfühlen. Die Räume werden automatisch als wärmer empfunden und nachweislich weniger beheizt. In Kombination mit innovativen Heizsystemen wie Niedertemperatur-Fußbodenheizungen und intelligenter Regelungstechnik führt dies zu einer erheblichen Reduktion des Energieverbrauchs bei hohem Wohnkomfort.

Sozialaspekt 4: gemeinschaftlich und einladend

Ein typisches Merkmal von sozialem Wohnbau ist die heterogene soziale Struktur: Durch die vielfältige Mischung aus verschiedenen Wohnungsgrößen kommt es zur Interaktion unterschiedlicher Bevölkerungsgruppen. Ein besonderes Augenmerk sollte daher auf gemeinschaftsfördernden Freiräumen, Begegnung und Austausch liegen, im Gegensatz zu betonierten „Wohnsilos“, in denen die Bewohner:innen in der Anonymität verschwinden. Im 1. Wiener WohnBAUMprogramm sind vielfältige Grün- und Gemeinschaftsflächen, darunter Dachterrassen, Gemeinschaftsgärten und Spielbereiche vorgesehen, die als Grundlage für ein erfolgreiches soziales Miteinander dienen können.

Sozialaspekt 5: grün und dörflich

Eine wesentliche städtebauliche Herausforderung ist die Schaffung von Wohnumfeldern, die trotz urbaner Verdichtung ein hohes Maß an Aufenthaltsqualität bieten. Die „HoWo“-Projekte sind in natürliche Grünräume eingebettet. HoWo-Wasser arbeitet mit dem Konzept der Wasserverdunstung, HoWo-Wald erhält den kompletten Baumbestand und HoWo-Wiese fördert Biodiversität durch hohe Gräser und hügelige Formgebung. Dadurch schaffen wir ein angenehmes Mikroklima, das zur Verbesserung der Lebensqualität bei den Bewohner:innen beiträgt. Elemente wie begrünte Fassaden, der identitätsstiftende Hausbaum und Regenwassermanagement bzw. -versickerung sind hier die tragenden Elemente. Besonders hervorzuheben ist das Konzept der „sozialen grünen Mitte“: ein gemeinschaftlicher Außenraum, der als Treffpunkt für die Bewohner:innen dient und ein dörfliches Miteinander in der Stadt fördert.

Holzmodulbau als zukunftsfähige Wohnstrategie

Sozialer Wohnbau mit Holzsystemen oder Holzmodulen ist eine wirtschaftliche, nachhaltige und wichtige Alternative zum konventionellen Bauen und bietet eine hohe Wohnqualität zu leistbaren Preisen – für Errichtende (Gemeinden, gemeinnützige Wohnbaugesellschaften) als auch für Bewohnende.