Die Fassadenzukunft ist schwarz

Technik, 04.11.25
Adrian Engel
Die Yakisugi-Methode verleiht alten Prinzipien neue Relevanz: Anstatt Fassaden chemisch zu behandeln, setzt die traditionelle japanische Handwerkskunst auf kontrolliertes Verkohlen der obersten Holzschicht. Das Ergebnis ist ziemlich nachhaltig, robust und es schützt sogar vor Feuer.

Die kontrollierte Verkohlung von Holz als Schutzmaßnahme – was archaisch klingt, ist eine hochwirksame Veredelungstechnik mit Tradition. Die sogenannte Yakisugi-Methode, ursprünglich in Japan entwickelt, erlebt im zeitgenössischen Holzbau eine Renaissance.

Architekt:innen und Baufirmen in Europa greifen zunehmend auf das Verfahren zurück, um dauerhafte, wartungsarme und zugleich ästhetisch markante Fassaden zu schaffen.

Die Yakisugi-Methode, auch bekannt als Shou Sugi Ban, ist eine jahrhundertealte japanische Technik der Holzveredelung. Dabei wird die Holzoberfläche durch kontrolliertes Abbrennen verkohlt. „Die Yakisugi-Methode stellt ein Verfahren der pyrolytischen Oberflächenmodifikation dar“, erklärt Architekt Fabian Wagner. Das Ergebnis ist eine tiefgehende, kohlenstoffreiche Schutzschicht, die das Holz dauerhaft widerstandsfähig gegen Witterung, Pilzbefall, Insekten und sogar Feuer macht. Bei Temperaturen zwischen 800 und 1.200 Grad Celsius zersetzen sich Lignin und Hemicellulose in den obersten Millimetern des Holzes. Die so entstandene Schicht reduziert die Wasseraufnahme, verbessert die Dimensionsstabilität und schützt vor UV-Strahlung – ganz ohne chemische Zusatzstoffe. „Das verkohlte Holz erreicht vollständig ohne biozide Imprägnierung eine erhöhte Dauerhaftigkeit“, sagt Fabian Wagner. Auch in Sachen Brandschutz überzeugt die Methode. „Die bereits verkohlte Schicht wirkt als isolierende Schutzschicht und verzögert den Abbrand des intakten Holzkerns signifikant.“

Voller Schutz dank echtem Yakisugi

Für Bernhard Moser, Geschäftsführer des Salzburger Unternehmens Ennobled, ist jedoch klar: Nur das traditionelle Verfahren liefert den vollen Schutz. „Produkte aus Brennstraßen mit Gasbrennern verwittern schnell und müssen oft mit Lack oder Chemie nachbehandelt werden. Das hat mit echtem Yakisugi nichts zu tun“, sagt Moser. Eine gut ausgeführte Yakisugi-Fassade würde dagegen 50 bis 100 Jahre oder noch länger halten. „Nur eine ausreichend starke, rissfreie Schicht macht echtes Yakisugi aus. No crocodile – no Yakisugi.“ Moser verweist auf das klassische vertikale Brennverfahren, bei dem drei Bretter zu einer Kammer verbunden werden. Diese Art der Verkohlung sei tief, gleichmäßig und frei von fossilen Brennstoffen – und somit der einzige Weg zu echtem Yakisugi. Ennobled hat eine eigene Methode in Anlehnung an das traditionelle Verfahren entwickelt, das sogenannte „Deep Charring“.

Geeignete Holzarten sind vor allem Nadelhölzer mit hohem Ligningehalt wie die japanische Zeder oder in Europa: Fichte, Tanne und Lärche. Wagner sieht in ihnen die besten Voraussetzungen für eine stabile Kohleschicht. Auch gestalterisch eröffnet die Methode vielfältige Möglichkeiten. „Durch unterschiedliche Brennparameter lassen sich Farbtöne von tiefsamtenem Schwarz bis zu silbrig-grauen Nuancen erzeugen“, so Wagner. Gebürstete Oberflächen, Ölungen oder Lasuren ermöglichen weitere Varianten, wobei diese oft nicht mehr dieselbe Schutzwirkung wie die ungebürstete Originalvariante haben. Moser hebt hier wieder die Deep-Charring-Technologie hervor. „Nur wenn man eine sogenannte thermische Behandlung macht und das Produkt dann bürstet, also die weichen Teile wegkommen, bleibt das Karbonisierte stehen, und das ist der harte Teil im Holz – dieser erfüllt dann wieder den Zweck der langen Haltbarkeit und der thermischen Schicht.“

Nachhaltiger Alleskönner

In puncto Nachhaltigkeit hebt sich Yakisugi deutlich von konventionellen Holzschutzverfahren ab. „Der Ressourcen-einsatz beschränkt sich im Wesentlichen auf Energie und Wasser“, sagt Wagner. Moser ergänzt: „Während sonst zwei Bäume gefällt werden müssten, genügt für denselben Zeitraum einer.“ Auch hinsichtlich Nachhaltigkeit wichtig: Der Pflegeaufwand ist minimal. Eine gelegentliche Reinigung mit Wasser reicht aus, Nachbehandlungen sind nicht notwendig. Bei mechanischen Schäden ist ein partielles Nachverkohlen möglich.

„Ihre einzigartige Kombination aus radikaler Ökologie, langlebiger Performance und architektonischer Ausdrucksstärke positioniert sie als Schlüsseltechnologie für eine nachhaltige Bauzukunft“, fasst Wagner zusammen. Yakisugi ist damit nicht nur ein handwerkliches Verfahren mit Geschichte – sondern eine Methode mit Zukunft.

Best Practice Yakisugi – Worauf es ankommt

  • Vertikales Brennen im traditionellen Dreieck
  • Keine fossilen Brennstoffe
  • Mindestens (2—3 mm) starke Kohleschicht
  • Kein Nachbehandeln mit Lack oder Chemie
  • Am besten geeignet: Lärche, Fichte, Zeder