Ein Dorf bekommt Holz­nachwuchs

Architektur, 22.01.24
Adrian Engel
Die Erweiterung und Sanierung der Volksschule im niederösterreichischen Moosbrunn ist ein gelungenes Beispiel für die Symbiose von Alt und Neu. Mit dem klaren Bekenntnis zum Baustoff Holz hat das Projektteam einen zentralen Ort für das Gemeindeleben zukunftsfit gemacht.

Am Ende waren die Architekt:innen gerührt. Der große Zuspruch bei der Eröffnungsfeier des Um- und Zubaus der Volksschule Moosbrunn überwältigte Günter Schnetzer und Waltraud Schnetzer-Mörk doch ein wenig. Das ganze Dorf war gekommen, um das neue Schulgebäude zu sehen. „So einen Rückhalt für ein Projekt von Beginn an bis zur Eröffnung hatten wir selten erfahren“, sagt Waltraud Schnetzer-Mörk. Es gibt Projekte, die gehen allen Beteiligten ins Herz. Auch den Planer:innen. Die Volksschule in Moosbrunn ist eines davon.

Nun ist es so: Lustig ist das Jahr der Umsetzung bei Architekturprojekten eher selten. Umso mehr wich beim Team des verantwortlichen Büros „a-plus architekten“ bei der Eröffnungsfeier der Stress ziemlicher Erleichterung. Während die Kinder auf der Feier die Rutschen der neuen Rückzugsbereiche testeten und die alte Generation die Schulanekdoten von früher teilte, konnte das angereiste Wiener „a-plus“-Team feststellen: Die neue Schule kommt bei den Dorfbewohner:innen gut an. „Viele waren begeistert von der neuen Qualität hinsichtlich Großzügigkeit und Helligkeit, von den fröhlichen Farben und den neuen Oberflächen“, erzählt Günter Schnetzer. Hauptverantwortlich für diesen Erfolg: ein deutliches Bekenntnis zum Baustoff Holz.

Regenerativer Baustoff für eine 100 Jahre alte Schule

Die Adaptierung und Erweiterung des historischen Bestandes erfolgte zu einem großen Teil in Brettsperrholzbauweise mit heimischem Holz. „Als wir die alte Jubiläumsschule von 1908 mit seinen späteren Zubauten das erste Mal besuchten, war uns klar, dass diese alten Gemäuer Qualität haben, aber dringend ein Refreshing brauchen“, sagt Waltraud Schnetzer-Mörk. Ausreichende Belichtung, fröhliche Farben, besseres Innenraumklima mit Holzoberflächen, gute Akustik, Transparenz und Blickbeziehungen für das neue pädagogische Unterrichtskonzept, hohe Funktionalität, dabei kompakt bleiben, ressourcenschonend agieren und nachhaltige Materialien verwenden – die Liste an Zielen für die Sanierung war lang. „Dass der regenerative Baustoff Holz dafür die richtige Wahl ist, stand von der ersten Minute an fest“, sagt Waltraud Schnetzer-­Mörk. Der Zubau sollte eine kompakte Einheit von Alt und Neu schaffen, dabei sollte aber jeder Gebäudeteil seine eigene Sprache sprechen. Mit dem großzügigen Einsatz von Holz konnte der Spagat gelingen.

„Dass der regenerative Baustoff Holz für das Schulprojekt die richtige Wahl ist, stand von der ersten Minute an fest.“ – Waltraud Schnetzer-Mörk und Günter Schnetzer, A-Plus Architekten

Symbiose zwischen Alt und Neu

Der dreigeschossige Neubau besteht aus einem massiven Gartengeschoss und zwei Obergeschossen in Holzbauweise mit silberner Holzfassade. Was im Bestand Qualität hatte, wurde übernommen. Andere Teile wurden renoviert und neu überarbeitet. So entstand eine Harmonie zwischen Bestand und Erweiterung. Integrale Planung, überwiegend trockene Bauweise und Vorfertigung ermöglichten eine schnelle Bauzeit. Weil die Planer:innen viel Holz im Innenraum sichtbar ließen, können die Kinder im neuen Schulgebäude heute eine entspannte Lernatmosphäre genießen.

Der Gebäudesockel auf dem Gartengeschoss ist mineralisch ausgestaltet, darauf setzen zwei vorgefertigte Obergeschosse aus Holz auf. Die Wände bestehen aus CLT, die Außenwände wurden als hinterlüftete Holzfassade realisiert. Die Decken dagegen sind als Holz-Beton-Verbunddecken gebaut, und wie es die Bauphysik und Akustik erfordert, sind diese abgehängt. „Absturzsicherungen im Zubau und gläserne Brüstungen im Altbau sorgen für ein offenes Raumgefühl und der hinterlüftete sägeraue Holzschirm ist mit Vorvergrauungslasur versehen. Das ergibt ein homogenes Erscheinungsbild und garantiert dem Auftraggeber eine langjährig wartungsfreie Fassade“, erklärt Günter Schnetzer. Bei der Optik der Fassaden im Neubau setzt „a-plus“ auf horizontale Linien durch Fassadentrennbleche im Gegensatz zur vertikalen Holzschalung.

Hohe Wertschöpfung durch heimisches Holz

Die Böden bestehen aus Eiche, die Innenwände aus Fichte. Alles Holz aus der Region – um die Wertschöpfungskette regional zu halten. Dabei sorgt das heimische Holz nicht nur für eine warme und natürliche Raumatmosphäre, sondern auch für eine lange Nutzungsdauer – das ist wiederum ebenfalls ein wichtiger Nachhaltigkeitsfaktor. Weil die Dämmqualität der neuen Moosbrunner Schule besonders hoch ist und die Sanierung die Gebäudehüllenoberfläche reduziert, bringt der Zubau niedrige Betriebs- und Errichtungskosten mit sich.

Doch weil Nachhaltigkeit immer auch von sozialen Faktoren bestimmt wird, berücksichtigte das Projektteam beim Entwurf auch den Stellenwert der Schule für das Gemeindeleben. So ist etwa der baulich und energetisch sanierte Turn­saal ein beliebter Ort für Erwachsenenkurse, der Musikverein und Tennisverein bietet Kurse für die Kinder während der Nachmittagsbetreuung an, und Räume im Erdgeschoss bieten temporär einer Kleinkinder-Tagesbetreuung Platz. „Ein Dorf ist Schule“ lautete das Motto des Neubaus. „Jede Schule ist ein Ort der Begegnung und der Gemeinschaft. Ortskerne zu stärken und Räume zu schaffen, welche das Miteinander fördern, hat für mich als Architekt hohe Priorität“, sagt Günter Schnetzer. Waltraud Schnetzer-Mörk stimmt ein: „Schulen zukunftsfit zu machen und für Kinder zu planen, ist für mich eine der schönsten Herausforderungen.“ Manchmal macht sich der Alltagsstress im Architektenjob eben bezahlt – und was bleibt, ist Zufriedenheit.

Daten & Fakten

  • Bauherr:in: Gemeinde Moosbrunn
  • Architektur: a-plus Architekten Zt GmbH
  • GU: Mandlbauer Bau GmbH Örtl.
  • Bauaufsicht: Baumanagement Eisterer GmbH
  • Projektsteuerung: Weiss Baumanagement GmbH
  • Holzbau: Holzbau Franz Kreiseder GmbH
  • Statik: Reinhard Schneider
  • Haustechnik: Zentraplan Planungsges.m.b.H
  • Bauphysik: TBL Ingenieurbüro Leiler
  • Wettbewerb: Dezember 2019 – Februar 2020
  • Baubeginn: Juli 2021
  • Fertigstellung: September 2022
  • Grundstückfläche: 5.945 m2
  • Bebaute Fläche: 1.148 m2 (Alt- und Neubau)
  • Außenwände: Neubau: Holzwände mit Brettsperrholz, Wärmedämmung, hinterlüftete Fassade
  • Außenverkleidung: Holzschalung stehend, Fichte, vorvergraut
  • Innenwände: Holzwände Brettsperrholz
  • Fenster: Holz-Alu-Fenster