Ein Kontinent voller Holzbaumöglichkeiten (Teil 3)

Technik, 08.04.24
Simone Steurer
Was können Europa und Australien voneinander lernen? Im Interview erzählt Lisa Ottenhaus, Senior Lecturer im Holzbau an der University of Queensland, von rezyklierbaren Holzverbindungen und dem Mehrwert von Kooperationen.

Fortsetzung von Teil 2

 

Lisa, du hast in Deutschland begonnen zu studieren und bist über einige Zwischenstopps nun in Australien gelandet. Wo siehst du die großen Unterschiede in den Kulturen, Ländern, Kontinenten in Bezug auf Holzbau?

Lisa Ottenhaus: Der Holzbau in Australien ist sehr alt und sehr jung – es gibt eine Generationslücke. Es gibt viel Holzbau in Form von etwa Brücken, und die meisten Wohnhäuser sind Holzskelettgebäude. Die ersten Kolonialsiedler:innen haben Holzgebäude als „flat packs“ mitgebracht und aufgebaut. Es gibt also sehr viel Holzbautradition – so gesehen auch im seriellen Bauen – ausgehend von der europäischen Kolonialisierung.

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Alles, was danach kam, war aus Laubholz, was in Australien sehr dauerhaft ist und eine sehr hohe Rohdichte hat. Was dann folgte, war eine lange Periode, in der Holzbau weder unterrichtet, noch erforscht wurde. Erst seit etwa zehn Jahren entwickelt sich der Holzingenieurbau wieder. Da sind wir zum Teil einen Schritt Europa hinterher. Andererseits gibt es dadurch viel Raum für Innovation. Hier scheut sich z. B niemand, die Robotik in Betracht zu ziehen. Das hat vielleicht auch damit zu tun, dass der gesamte Ingenieurholzbau außerhalb der Baunorm ist. Man muss also sowieso „Performance Solutions“ berechnen und überprüfen lassen, um überhaupt irgendetwas in Holz bauen zu können. Und das ist natürlich mit Mehrkosten verbunden.

Zum einen versuchen wir in Australien also an die Ingenieurholzbautradition Europas Anschluss zu finden, andererseits gibt es hier sehr viele innovative Unternehmen und die Branche ist unvoreingenommen.

„Der Holzbau wächst rapide an und es gibt sehr viel Forschungsbedarf.“

Wie steht man in Australien zum Holzbau und neuen Entwicklungen in diese Richtung?

Eine Diskussion, die ich immer wieder führen muss, ist zum Beispiel: Wir importieren die meisten Verbindungsmittel aus Europa. Allerdings verhalten sich diese in australischen Hölzern anders als in europäischen. Hier versuche ich zu kommunizieren – einerseits an die europäischen Hersteller und andererseits an die australischen Ingenieur:innen –, dass man nicht dieselben Berechnungsnormen heranziehen kann. Es funktioniert nicht, die Rohdichte australischer Hölzer in die europäischen Berechnungen zu stopfen. Die europäischen technischen Zulassungen klappen hier nicht unbedingt. Das heißt, wir müssen ganz viel Grundlagenforschung nochmal wiederholen, wir müssen nachkalibrieren.

Was innovative Ideen anbelangt, stoße ich in Australien auf offene Ohren. Der Holzbau wächst rapide an und es gibt sehr viel Forschungsbedarf. Hier kann ich wirklich etwas bewegen. Die Möglichkeiten sind nahezu unbegrenzt.

„Es gibt keinen Grund, warum wir nicht besser bauen könnten.“

Auf welches Projekt freust du dich als nächstes?

Im Forschungszentrum arbeite ich im Moment an einem Projekt zu Verbindungen, wo viel Grundlagenarbeit gemacht wird, die zum Teil bestimmt nach Europa fließen wird. Denn wir erforschen Dinge, die in einer solchen Breite noch nie gemacht wurden.

Aber jedes Projekt ist toll. Denn die Holzbaucommunity – auch international – ist schon etwas ganz Besonderes. Wir sind innovativ und wir arbeiten wirklich zusammen, das habe ich in anderen Teilen des Baugewerbes so noch nicht entdeckt. Es ist eine ganz besondere Community, die etwas erreichen und nachhaltig bauen will. Das verbindet und macht Spaß.

In diesem Sinne: Vielleicht sieht man sich bei der World Conference on Timber Engineering (WCTE) 2025 „Down Under“ in Brisbane. Ich würde mich freuen!