Holz für die Sinne

Innenraum, 02.10.24
Helena Zottmann
Biophilie, Innovation, Nachhaltigkeit: drei Gründe, warum sich Holz besonders gut in Gemeinschaftsräumen eignet.

Wer einen Holzraum betritt, wird ruhiger und entspannter, es wird einem wohlig. Holz hat nachweislich gute Auswirkungen auf die Lern- und Konzentrationsfähigkeit, verlangsamt den Herzschlag und reduziert den Blutdruck. Diese Eigenschaften sind längst bekannt, inzwischen mehrfach wissenschaftlich belegt, und sie begründen, warum sich das Material in gemeinschaftlich genutzten Räumen so gut eignet.

Natürlich wohltuend

„Die Verwendung von Holz ist Ausdruck unseres Engagements für biophile Architektur“, sagt der norwegische Architekt Reiulf Ramstad. Seit der Gründung des Architekturbüros im Jahr 1995 arbeitet man bei Reiulf Ramstad Arkitekter sehr oft mit unbehandeltem Holz. Das Büro war mit der Planung eines Pavillons beauftragt, in dem sich seit 2022 Menschen von Verkehrsunfällen erholen können. „Der Waldpavillon in Son, südlich von Oslo, kommuniziert mit der Landschaft draußen, sodass die Menschen während der Genesung ein Gefühl des Wohlbefindens bekommen“, erklärt er. „Holz ist ein ganz besonderes und hochwertiges Material, das Biophilie, sensorische und taktile Erfahrungen, Konstruktionsintegrität und Nachhaltigkeit betont.“ Mit perforiertem Holz oder Geometrien aus Holz erzeugen die Planenden eine akustische Qualität, die das Gebäude angenehm bewohnbar macht. Diesen Ansatz verfolgen die Architekten nicht nur zur Rehabilitation, sondern ganz generell in Gemeinschaftsräumen: „Öffentlichen Gebäuden fehlt es oft an Intimität und sie sind sehr oft zu formell“, meint Ramstad. „Wir versuchen, Harmonie mit natürlichen Materialien zu integrieren, auch und insbesondere in städtischen Umgebungen.“

»Die Verwendung von Holz ist Ausdruck unseres Engagements für biophile Architektur.«, Reiulf Ramstad

Sichtbar innovativ

Spätestens seit Hochhäuser aus Holz keine Seltenheit mehr sind, zeugen große Tragweiten von Modernität. Beim inklusiven Bildungszentrum in Parma, Italien, das von Enrico Molteni Architecture geplant und 2023 eröffnet wurde, lag der Fokus schon bei der Wettbewerbsausschreibung auf den Aspekten Innovation, Nachhaltigkeit und Effizienz – Eigenschaften, die sich eben bestens mit Holz beschreiben lassen. Enrico Molteni plante das Bildungszentrum: „Ein Aspekt, den ich an Holz wirklich mag, ist die Verwendung als reines Strukturelement; ein anderer ist die Qualität der Konstruktion, die Sauberkeit des Bauprozesses, die Präzision“, sagt der Architekt, der seit rund 15 Jahren mit Vorliebe in Holz plant. Holz erzeugt nicht nur Assoziationen mit Behaglichkeit und Wohlbefinden, sondern liegt auch in Sachen Klimaschutz und modernem Design voll im Trend. Holz wirke auf die Nutzer:innen umweltfreundlich, meint Enrico Molteni. „Jeder liebt Holz“, bringt er es ganz knapp auf den Punkt.

Bewusst nachhaltig

Seine gute Klimabilanz und sein hervorragender Ruf als nachhaltiges Material hat Holz zum Lieblingsmaterial vieler Kund:innen gemacht. Die tatsächliche Nachhaltigkeit von Holz liegt aber nicht nur in seiner Klimabilanz, sondern vor allem in seiner Herkunft und transparenten Gewinnung. Auch der Aspekt der Zirkularität darf nicht nur als Schlagwort in der Nachhaltigkeitskommunikation Verwendung finden, sondern muss in der Praxis gelebt werden. „Wir arbeiten oft mit wiederverwendeten Materialien oder experimentieren mit kohlenstoffarmen Materialien und Beton. Wir sehen uns also die breite Palette an Materialien an und nehmen das, was für jede Verwendung am besten geeignet ist“, sagt Reiulf Ramstad, der die sichtlich gewachsene Nachfrage nach Holz seit vielen Jahren beobachtet. Er warnt vor einer Übernutzung des Materials: „Es dauert hundert Jahre, bis ein großer Baum ausgewachsen ist. Wie wir aus der Geschichte wissen, kann Holz auch übermäßig verwendet werden und es kann zu einem Mangel an Holz kommen. In diesem Sinne sollten wir uns darüber im Klaren sein, dass Holz ein wichtiges Material ist, das respektiert werden muss.“