Holz geschüttelt, nicht gerührt

Technik, 30.09.24
Claudia Stieglecker
Um die Erbeben- und Windfestigkeit mehrstöckiger Holzbauten überprüfen zu können, haben Schweizer Forschende einen „Shaker“ entwickelt.

Häuser aus Holz werden in der Schweiz immer beliebter – bei der Mehrzahl der Wohnbauten aus Holz handelt es sich um 4- bis 5-Geschosser, die häufig in Holzrahmenbauweise ausgeführt werden. Um die horizontale Tragwerksteifigkeit eines Baus aus vorgefertigten Holzrahmenelementen und aufgenagelten Holzwerkstoffplatten zu gewährleisten und Schäden vorzubeugen, die durch starke Windstöße oder durch Erdbeben verursacht werden, können Bauingenieure zu verschiedenen Lösungen greifen. Entweder sehen sie zusätzliche tragende Wände vor oder erhöhen den Tragwiderstand der vorhandenen Wände, indem dickere Bauteile, tragfähigeres Material oder mehr Verbindungsmittel verwendet werden.

STEIF ODER NACHGIEBIG

Versteifen ist jedoch nicht für jeden Fall die beste Lösung. Um Erdbebenstöße aufzufangen, ist es in manchmal vorteilhafter, wenn das Bauwerk bis zu einem gewissen Grad nachgiebig reagieren kann. Die Grundlage für diese Entscheidungen liefern Computermodelle – lange gab es nur rechnerische Näherungswerte, aber keine an einem realen Objekt erhobene Daten zu den dynamischen Eigenschaften eines mehrgeschossigen Holzbaus in lokal üblicher Bauweise. Daher wurde an der Eidgenössischen Materialprüfungs- und Forschungsanstalt Empa der so genannte „Shaker“ entwickelt: ein hydraulischer Horizontalschwinger, der bis zu 1.000 kg schwingende Masse kontrolliert in Bewegung versetzen kann.

GESCHWUNGEN UND GEMESSEN

Der Shaker mache es möglich, Messungen nicht nur im Labor, sondern auch in der Praxis durchzuführen, heißt es. So wurde etwa ein im Bau befindliches Holz-Mehrfamilienhaus im Kanton Zürich in Schwingungen versetzt: der Shaker wurde per Kran ins oberste Stockwerk gehievt, die 1.000 kg Masse dann per präziser Steuerung des Servohydraulik-Zylinders immer wieder in Bewegung versetzt. Beschleunigungssensoren maßen auf drei Geschossen die horizontalen Bewegungen des Holzrahmenbaus und lieferten Werte zu Tragwerksteifigkeit, Eigenfrequenz und Dämpfung.

PRAXISNAHE DATEN

Die Messungen erfolgten während drei verschiedener Bauphasen, das Tragwerk habe sich als bedeutend steifer, als auf Basis der Angaben in den Normen und der verwendeten Modelle berechnet worden war, erwiesen. Derartige Messungen in der Praxis gäben Aufschluss darüber, wie sich die eingesetzten Baumaterialien allgemein auf Steifigkeit, Eigenfrequenz und Dämpfung von Bauten auswirken. Zusätzlich stärkten sie die Konkurrenzfähigkeit von Holz als nachhaltigem Baustoff für mehrgeschossiges Bauen, so die Empa.