Holzerweiterung für Backsteinschule

Architektur, 28.07.23
Adrian Engel
Der Neubau einer Schule im finnischen Helsinki zeigt: Der Baustoff Holz kann historische Bauten so richtig aufpeppen. Es gilt nur kreativ zu sein.

Holz und historische Substanz – wie verträgt sich das? Die „Pakila Halkosuontie Wooden School“ im Norden von Helsinki zeigt es: Holz ist ein exzellenter Baustoff für die Sanierung alter Gebäude. Alles eine Frage der Kreativität. Und der Prioritäten.
„Der Kunde verlangte einen geringen CO2-Fußabdruck und um das zu erreichen, war ein Holzrahmen erforderlich“, erzählt Jaakko Keppo vom beteiligten Architekturbüro „AFKS Architects“. Zusammen mit dem Büro „Architects Rudanko“ haben Jaakko Keppo und Team das Schulprojekt für die Stadt Helsinki entworfen. Das alte Gebäude aus 1953 ist nun komplett restauriert und durch eine Erweiterung deutlich größer. Weil CO2-Neutralität den Entscheidungsträger:innen genauso wichtig war wie Funktionalität, Sicherheit, Atmosphäre und Optik, war allen Projektbeteiligten schnell klar: Holz muss eine Schlüsselrolle spielen. Trotz höherer Kosten. Eine CO2-Fußabdruckanalyse zu Projektbeginn strich das deutlich hervor.

Harmonie zwischen Backstein und Holz
„Aus Respekt vor der Backsteinarchitektur haben wir die Gebäudemasse der Holzschule so gestaltet, dass sie zum älteren Gebäude passt – jetzt ist das Projekt ein gutes Beispiel dafür, dass ein Holzbau nicht zwingend eine Holzfassade braucht “, sagt Hilla Rudanko von „Architects Rudanko “. Für die Fassade hat das Projektteam auf Backsteine zurückgegriffen.

Eine Gangway verbindet den neuen Holzanbau mit dem gemauerten Vorgänger. „Die Struktur ist eine recht einfache Holzkonstruktion aus Brettschichtholz und Leimholz“, sagt Hilla Rudanko. Seit der Fertigstellung im April 2022 ist die Schule in der Halkosuontie-Straße eines der ersten Holzschulen in Helsinki. Massive Holzkonstruktionen sind in Finnland noch nicht sehr weit verbreitet – insbesondere im öffentlichen Sektor.
Um auch beim Transport die Emissionen klein zu halten, stammt sämtliches Holz aus Finnland. Der neue Teil des Gebäudes besteht aus einem CLT-Rahmen, der zwei Holzkonstruktionssysteme kombiniert: ein tragendes Wandsystem und ein Säulen-Träger-System. Für die vertikalen Konstruktionen setzten die Konstrukteur:innen auf CLT-Platten und Brettschichtholz, während die horizontalen Konstruktionen sich aus CLT-Platten mit tragenden Deltaträgern zusammensetzen. Das Dach wiederum ist in Holzdachelementen gehalten, sprich aus LVL- und OSB-Produkten. Die CLT-Wände und Mastpfeiler stützen das Gebäude ab und übernehmen die von den horizontalen Strukturen übertragenen Lasten. Für zusätzliche Unterstützung verfügt der HVAC-Gebäudetechnikraum über einen CLT-Beton-Verbundplattenboden.

»Es gibt in der Schule Bereiche für schwerbehinderte Kinder, wo sie mit den anderen Kindern diselben Räume benutzen können, um nicht isoliert zu sein.« HILLA RUDANKO, ARCHITECTS RUDANKO

Holzsubstanz als Interior-Stilmittel
Dabei prägt das außen verwendete Holz auch die innere Ästhetik. „Die CLT-Oberflächen sind überall in der Schule sichtbar, insbesondere rund um die Kantine in der Mitte des Gebäudes, im Haupttreppenhaus und an den Außenwänden der Lernräume“, sagt Jaakko Keppo. Holzfaserplatten mit Rillendetails verkleiden die Decken der Haupträume, um die Akustik zu verbessern. Der Bodenaufbau besteht aus CLT-Platten mit Doppelboden, um die geforderte Schalldämmung im Trockenbauverfahren zu erreichen. Und auch der Haustechnikraum ist zur besseren Schalldämmung mit einem CLT-Beton-Verbundplattenboden ausgestattet. Ganz aus Beton bestehen nur die Treppenhäuser und die Musikräume: zur Schalldämmung und für die Statik.
Doch Nachhaltigkeit hängt nicht nur von Technik ab. Sie ist immer ein Zusammenspiel zwischen Mensch und Umwelt. Darum hat das Team der Pakila-Holzschule in den Planungen soziale Faktoren stark berücksichtigt. „Das Konzept der sozialen Nachhaltigkeit folgt den vom Auftraggeber vorgegebenen Leitlinien, wonach Schüler:innen, die einer besonderen Förderung bedürfen, möglichst gemeinsam mit anderen Kindern lernen. Es gibt in der Schule Bereiche für schwerbehinderte Kinder, wo sie mit den anderen Kindern die gleiche Schule besuchen können, um nicht isoliert zu sein“, sagt Hilla Rudanko. Die neue Schule bietet Platz für Kinder der Klassen 3 bis 9. Auf einem nahgelegenen Grundstück erfolgt 2023 die Eröffnung eines weiteren Neubaus für die Kindertagesstätte sowie für Schüler der 1. und 2. Klasse.
In der Entwurfsphase konnte die lokale Bevölkerung mitbestimmen. Sie konnten in Workshops und Online-Umfragen zu den verschiedenen Optionen des Entwurfs ihre Meinung abgeben.

Bekenntnis zur Geschichte
Um den CO2-Fußabdruck klein zu halten, wurden auch die Reparaturen am bestehenden Gebäude so emissionsneutral wie möglich durchgeführt. Ästhetisch folgt die Restaurierung strikt dem 50er-Jahre-Stil des Backsteinhauses. In den Innenräumen hingegen ist der visuelle Kontrast zwischen Neu und Alt deutlich hervorgestrichen. Wichtigstes Leitmotiv bei der Restaurierung: Die Präsenz der historischen Substanz sollte gestärkt und nicht kleingehalten werden. Dieses klare Bekenntnis zur Geschichte des Gebäudes ist neben der kreativen Umsetzung wohl der hauptsächliche Erfolgsfaktor für das gelungen Schulprojekt. Die Herausforderungen im Bauprozess dürften sich dabei immerhin in Grenzen gehalten haben. Denn die Frage danach beantwortet Jaakko Keppo mit finnischem Pragmatismus: „Das Übliche: Kosten und Zeit.“ Business as usual.