Der Bau des Athletendorfes in Paris: Im Wettkampf mit den Regulativen

Branche, 13.02.25
Thomas Duschlbauer
Meter machen: Der Bau des Athletendorfes in Paris war auch ein Trainingslauf für weitere Holzbauprojekte in Frankreich.

Frankreich verfolgte mit dem Konzept des nachhaltigen Holzbaus das Ziel, die Olympischen Spiele als Ausgangspunkt für eine grüne Transformation der Bauindustrie zu nutzen. Ein zentrales Beispiel dafür ist das neue Athletendorf, das rund 10 Kilometer vom Zentrum Paris entfernt liegt. Etwa 45 Prozent der Gebäude bestehen aus Holz, wobei die Tragwerkskonstruktion von Gustave Holzbauingenieuren von den ersten Entwürfen bis zur Materiallieferung realisiert wurde. „Das Projekt brachte viele technische und rechtliche Herausforderungen mit sich, die berücksichtigt werden müssen – wie die Höhe der vorgefertigten Elemente und die Gestaltung flexibler Grundrisse. Dazu mussten Brand- und Schallschutzanforderungen beachtet werden sowie die nötige Wärmedämmung integriert werden. Erschwerend kam hinzu, dass die einzuhaltenden französischen Richtlinien und Vorschriften äußerst komplex sind“, erklärt Luc Boyer, Partner bei Gustave.

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Brandschutz als Hürdenlauf

Bisher wies die Aufschlüsselung der Bautechniken in Paris auf eine 28-Meter-Grenze hin, aber nur Insider konnten sagen, was dies für den Holzbau in Bezug auf das Volumen bedeutete. Nun wusste man aber, dass das Universeine-Viertel von Vinci Immobilier hauptsächlich aus Gebäuden mit einer Höhe von über 28 m besteht, wobei Beton zum Einsatz kommt, ebenso wie bei den anderen Hochhäusern mit einer Höhe von über 28 m in anderen Vierteln. „Die größte Klippe sind die Brandschutzbestimmungen“, musste auch Antoine de Souich, Direktor für Strategie und Innovation bei Solideo, bestätigen. Solideo ist die staatliche Organisation, die mit der Finanzierung, Überwachung und Umsetzung der olympischen Einrichtungen betraut wurde.

Neue, bereits etwas gelockerte Regeln sehen vor, dass alle Holzrahmen mit Gips verkleidet werden. Das galt auch für Bauwerke des Club-Resorts, zumal sie nach den Olympischen Spielen in Dienstleistungsbereiche und/oder Wohnungen umgewandelt werden. Das bedeutete auch, dass die Holzrahmen geschalt werden mussten, was hinsichtlich der CO2-Bilanz kontraproduktiv ist. Auch die faktische Verschiebung hin zum Beton bereitete bei Solideo Kopfzerbrechen, weshalb man sich dafür einsetzte, dass zumindest die nicht sichtbaren Fassaden der Gebäude so weit wie möglich aus Holz bestehen. Aber auch hier stieß man auf ein großes Problem, da die Anzahl der damit verbundenen Verkleidungslösungen gering war und nicht zu dem CO2-armen Image passt, das man dem Dorf verleihen wollte.

Ein kühles Willkommen

Auch hinsichtlich der Isolierung stand das Projekt vor großen Herausforderungen. Dabei ging es weniger um Wärmeverluste, sondern darum, dass in einer Großstadt wie Paris die Sommer sehr heiß sind, was sich im Olympischen Dorf auch auf das Wohlbefinden der Athleten auswirkt. So stand hier die Kühlung im Zen­trum der Aufmerksamkeit, weshalb u. a. helle Verkleidungen und kühlende Fußböden zum Einsatz kamen: Das olympische und paralympische Dorf von Paris 2024 wurde so gebaut, dass es die Sommerhitze ohne Klimaanlage bewältigen kann und somit klimakompatibel ist. Allerdings haben mehrere Delegationen zur Sicherheit dennoch mobile Klimaanlagen vorgesehen. „Durch das Hinzufügen von Fußbodenkühlungen können noch mehr Grad gewonnen werden, welche die Atmosphäre erfrischen. Und wir haben in jedem Zimmer Ventilatoren eingebaut, um die frische Luft umzuwälzen und den Sportlern ein Gefühl der Kühle zu vermitteln“, erklärt Laurent Michaud, der Direktor des Olympischen und Paralympischen Dorfes. Das System wird als „adiabatisch“ bezeichnet. Dafür wird kaltes Wasser mit einer Temperatur von 4 bis 5 °C zunächst in Unterstationen der Wohnanlagen eingespeist und dann in Rohre unter dem Fußboden, welche die Temperatur im Zimmer kühlen. Im Durchschnitt konnte man mit den eingesetzten Systemen die Temperatur zwischen 6 und 10 °C im Vergleich zur Außentemperatur senken.