Architektur
Klinik Ottakring neu

Das Schraubenwerk Gaisbach, kurz SWG, benötigte aufgrund der stetigen Expansion für die Herstellung langer Schrauben eine neue Produktionsstätte. Die Architekten Hermann Kaufmann + Partner rieten zu der Errichtung einer neuen, eigenständigen Halle. Hier sollte alles unter einem Dach vereint werden. Die Materialwahl für das Tragwerk fiel auf Holz. So kann das Einsatzgebiet der hergestellten Schrauben spektakulär demonstriert werden. Der neue Hallenbau mit einer Fläche von 11.000 m² beeindruckt nicht nur durch seine Abmessungen. Knapp 96,5 m breit und 114 m lang gliedert sich die 12 m hohe Halle in fünf Schiffe mit einem Fertigungs- und Logistikbereich sowie einem Bereich für Werkzeug, Werkzeugbau und Lagerflächen.
Shedartig überbrückt das Dachtragwerk außergewöhnliche Spannweiten. Beton hätte einen enormen Materialaufwand bedeutet, auch Nadelholz wäre zu klobig geworden. Buchenfurnierschichtholz oder BauBuche kommt an die Tragfähigkeit von Stahl heran, und übernimmt die schlanke Hauptrolle. Schlosser Holzbau konnten das Tragwerk mit hohem Vorfertigungsgrad umsetzen. „Wir waren von Beginn an bei der Projektentwicklung beteiligt. Dies hatte zum Vorteil, dass vor Fertigungsstart entsprechende Tests gefahren werden konnten, um herauszufinden, was mit BauBuche alles möglich ist und welches die idealen Werkzeuge und Maschinen sind.“, berichtet der Unternehmensgründer Josef Schlosser. Die 82 m langen und 3,8 m hohen Hauptfachwerkträger überbrücken die Hallenschiffe. Da der Bauherr die Produktion möglichst flexibel halten wollte, wurde das Tragwerk nur auf je eine Stütze aus BauBuche gelagert. Dazwischen hängen unterspannte Neben-Fachwerkträger mit einer Länge von über 18 m.
» Aufgrund der höheren Rohdichte von BauBuche ist jegliche Bearbeitung zeitintensiver, birgt einen höheren Verschleiß der Werkzeuge und erfordert ein enormes Fachwissen. « Josef Schlosser, Unternehmensgründer Schlosser Holzbau GmbH
Die zahlreichen Anschlüsse und Knotenpunkte wurden als zimmermannsmäßige Verbindungen konzipiert. Die Herausforderung bestand darin, große Kräfte über kleine Querschnitte zu übertragen. Die BauBuche ermöglichte dies filigran und ressourcenschonend. Im Bereich des Knotenpunkts über der Mittelstütze konnte die Tragfähigkeit des Materials zu 99,9 Prozent ausgenutzt werden. Wie ein dreidimensionales Puzzle ist der Kontaktanschlussknoten von Fachwerk zu Mittelstütze ausgebildet. Um den Querdruck im Knotenpunkt zu reduzieren, wurden die horizontal wirkenden Lastanteile über ein Zwischenstück, den „verlängerten“ Treppenversatz, gekoppelt und direkt in die Stütze eingeleitet. „Der Treppenversatz ist eine alte zimmermannstypische Verbindung. Die Schwierigkeit ist dabei, dass wir zehntelmillimetergenau die Ausfräsungen erstellen müssen.“, erzählt Alexander Stöcker, Leiter der Vorfertigung bei Schlosser Holzbau. Für Zugverbindungen wurden hauptsächlich Schraubverbindungen eingesetzt, ganz im Sinne des Auftraggebers.
„Pro Binder hatten wir fünf Segmente, die bei uns 1:1 mittels Schablone vorgefertigt wurden. Alles wurde aufgelegt, zusammengebaut, verspannt, verschraubt und auch gleich der Brandschutz berücksichtigt.“ Um die BauBuche so effizient wie möglich ausnutzen zu können, wurden Querschnitte mit stehenden Lamellen gewählt und damit die Schubfestigkeit verbessert.
Die Shedstruktur der fünf Hallenschiffe bedingte jeweils eine extra Aussteifung. Daraus resultierte ein komplexes Aussteifungskonzept, bei dem viele verschiedene Bauteile interagieren. BSP-Platten bilden die tief liegenden Sheddach-Bereiche aus und übernehmen an den Stirnseiten der Hallenschiffe die Aussteifung. Florian Häberlein erläutert die Montage vor Ort: „Auf der Baustelle wurde das Raster der Achsen per GPS eingemessen, die dann als Ausgangspunkte der Montage dienten. So konnten die einzelnen Treppenhäuser parallel montiert werden, sodass dann für jeden Hauptträger gleichzeitig die Auflagerpunkte entstanden sind.“ Neben der Halle befindet sich ein dreigeschossiger Besucherpavillon, der über
eine Brücke mit dieser verbunden ist. Hauseigene Produkte und Anwendungen können dort erlebt werden. Neben Konferenz- und Ausstellungsräumen finden auch Büros im Pavillon Platz.