Von Holz fürs Leben lernen

Architektur, 27.02.24
Wolfgang Zdimal
Die Zusammenlegung des Kindergartens und der Volksschule zu einem erweiterten und runderneuerten Volksschulstandort in der Salzburger Gemeinde Flachau wurde genutzt, um das Projekt in zukunftsweisender hybrider Holzbauweise zu realisieren.

Bevor der Startschuss für die Modernisierung und Erweiterung der Volksschule in der Gemeinde Flachau gegeben werden konnte, mussten einige gesellschaftliche und politische Hürden genommen werden. 2019 wurde dann im Gemeinderat beschlossen, die in den beiden Ortsteilen Reitdorf und Flachau bestehenden Kindergärten und Volksschulen so zusammenzuführen, dass infrastrukturelle Doppelgleisigkeiten beseitigt werden. In Reitdorf sollte der neue Kindergarten entstehen, in Flachau die Volksschule ausgebaut werden. Die thalmeier architektur ZT GmbH, Projektleitung Philipp Ensmann, zeichnet für die Planung dieses wichtigen Kommunalprojekts in hybrider Holzbauweise verantwortlich.

„Es ist unser Bestreben, gerade bei kommunalen Aufträgen den Holzbau zu forcieren.“ – Philipp Ensmann, Projektleiter, Thalmeier Architektur ZT GmbH

Holzbauweise forcieren

„Es ist unser Bestreben, gerade bei kommunalen Aufträgen den Holzbau zu forcieren. In der Volksschule Flachau passt das besonders gut, weil Region und Ort von Wald, Holz und Zimmereien wirtschaftlich geprägt sind. Darüber hinaus konnten wir hier durch die werksseitige Vorfertigung der Holzelemente die knapp bemessene Bauzeit in den Schulferien optimal nutzen. Innerhalb von zwei bis drei Wochen waren die Holzbauarbeiten vor Ort abgeschlossen“, erklärt Philipp Ensmann. Die Maßnahmen umfassten die Planung und Umsetzung eines neuen, zentralen Zugangs zum Gebäude mit Sitzstufenanlage in der Aula für die Pausen und schulische Veranstaltungen. Der neu errichtete Gebäudeteil beherbergt außerdem die Schulküche und den Speisesaal, im Bestandsbau wurden insgesamt acht Klassenräume mit Holzböden und -decken „runderneuert“.

„Holz wiegt weniger als vergleichbare Massivbaustoffe. Das eröffnet uns sowohl in Planung als auch Umsetzung gestalterische und konstruktive Freiheiten.“ – Philipp Ensmann, Projektleiter, Thalmeier Architektur ZT GmbH

Zug statt Druck

Statisch herausfordernd waren die Vorbaukonstruktion sowie der Balkon des in Holz-Skelettbauweise neu errichteten Gebäudeteils. Um optisch den Eindruck einer offenen, leichten Fassade zu vermitteln, wurde gestalterisch bewusst auf eine außenliegende Stützkonstruktion verzichtet. Stattdessen werden die Lasten der Stahl-I-Träger und Kreuzlagenholzdecken mittels Zugstäben nach oben hin in die Dachkonstruktion und Stützen unmittelbar an der Fassade abgeleitet. Philipp Ensmann fasst zusammen: „Hier spielt der Naturbaustoff Holz eine seiner Stärken aus. Denn Holz wiegt weniger als vergleichbare Massivbaustoffe. Das eröffnet uns sowohl in Planung als auch Umsetzung gestalterische und konstruktive Freiheiten.“

Spüren und erleben

Holz ist in der modernisierten und erweiterten Volksschule Flachau als durchgängiges Gestaltungselement spür- und erlebbar – sowohl im Außen- als auch Innenbereich. Die Fassaden sind in gehobelter, unbehandelter Lärche ausgeführt, sie werden mit den Jahren (und dem Wetter) eine entsprechend einzigartige Patina entwickeln. Im Inneren der Schule sind die Kreuzlagenholzflächen und Holzverkleidungen in mit Anstrich und UV-Schutz behandelter Fichte gehalten. Die abgehängte Holzakustikdecke im Eingangs- und Aulabereich besteht aus mit Weißtanne furnierten MDF-Elementen. Ihre gefrästen Längsrillen erfüllen sowohl eine optische als auch akustische Funktion in diesem hochfrequentierten Gebäudeteil.

„Als Architekt:innen sind wir davon überzeugt, dass die Eigenschaften des Holzes das Lernen der Kinder in dieser prägenden Lebensphase maßgeblich unterstützen.“ – Philipp Ensmann, Projektleiter, Thalmeier Architektur ZT GmbH

Wohnliche Wärme

Philipp Ensmann betont das außergewöhnlich gute Raumklima und den sozialen Mehrwert eines solchen Holzbauprojekts: „Das Material strahlt einfach eine wohnliche Wärme aus, die Klassenräume riechen gut nach Holz, man fühlt sich hier einfach wohl. Als Architekt:innen sind wir davon überzeugt, dass solche Eigenschaften das Lernen der Kinder in dieser prägenden Lebensphase maßgeblich unterstützen.“ Komplettiert wird dieser Nachhaltigkeitsanspruch durch eine 50,32 kWp starke Photovoltaikanlage am Dach sowie das ans regionale Fernwärmenetz angeschlossene Heizsystem.

Daten & Fakten

·       Auftraggeber:in: Gemeinde Flachau

·       Planung und Architektur: thalmeier architektur ZT GmbH, 5400 Hallein

·       Holzbau: Zimmerei & Holzbau Ing. Hillebrand GmbH

·       Statik: Gruber ZT, 5660 Taxenbach

·       Nominierung: Bauherrenpreis 2023

·       Planungsbeginn: Februar 2021

·       Fertigstellung: April bis September 2022

·       Errichtungskosten: 4.500.000 € netto

·       Nutzfläche: 3.618m²

·       Endenergiebedarf: 90,3 kWh/m²a

·       Statisches Konzept: Holz-Skelettbau

·       Materialkonzept: Tragende Bauteile als Holzstützen bzw. Holzdecken, Ausfachung mittels Massivholzwände, teilweise Holz-Wandverkleidungen

·       Innenwände: Gipskarton, Massivholz

·       Außenwände: Massivholz

·       Fenster: Holzfenster mit Alu-Deckschale

·       Dach: Kies

·       Fundamentplatte: Stahlbeton

·       System der Wärme- und Kälte-Erzeugung (inkl. Warmwasser): Fernwärme, Warmwasser getrennt mittels Stromheizung

·       System der Wärme- und Kälte-Abgabe: Flächenheizung

·       Lüftungstechnik: Mechanische und natürliche Be- und Entlüftung

·       Photovoltaik: Erzeugung erneuerbarer Energie: 50 kWp; Monokristallines Silicium

·       Qualitäten der wirtschaftlichen Nachhaltigkeit: Baumaterialien größtenteils Holz, geringe Bauzeit durch Vorfertigung der Wand- und Deckenelemente, Verbau einer PV-Anlage, aktueller Standort der Volksschule bleibt erhalten – Erweiterung (Zubau/Umbau)