Wie sich Europas Wälder verjüngen

Branche, 27.11.23
Claudia Stieglecker
Forschende der Schweizer ETH Zürich und der Eidgenössische Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL haben erforscht, wie genau die Waldverjüngung funktioniert.

In einer Studie zeigen die Forschenden, wie sich die natürliche Verjüngung ohne menschlichen Einfluss entwickelt. Dazu wurde das Aufkommen junger Bäume in fast 300 Naturwaldreservaten in ganz Europa untersucht. Das komplexe Zusammenspiel zwischen Baumarteneigenschaften, Walddichte, Störungen und Klima wurde analysiert um festzustellen, wie die Erneuerung des Waldes unter verschiedensten Umweltbedingungen funktioniert.

GEGEN- ODER MITEINANDER

Dabei stellte sich heraus: Einer der wichtigsten Prozesse für die Waldverjüngung ist Konkurrenz. Welche Strategien die Bäume verwenden, hängt dabei von der Baumart ab. Positive Wechselwirkungen zwischen Bäumen kommen demnach nur bei wenigen Arten vor und sind seltener als bislang angenommen. Die Eigenschaften der Arten und unterschiedliche Stressfaktoren bestimmen, ob Bäume sich während der Verjüngung gegenseitig vor Kälte oder Trockenheit schützen oder als Konkurrenten im Wettbewerb stehen. Unter Kältestress etwa findet die Verjüngung tendenziell mehr Schutz durch andere Bäume als unter Dürrestress. Dieses Ergebnis wird dadurch erklärt, dass niedrige Temperaturen keinen Wettbewerb um begrenzte Ressourcen auslösen – der Mangel an Wasser hingegen führt zu einem harten Wettbewerb, bei dem kleinere Bäume potenziell unterdrückt werden.

VERÄNDERTE WALDSTRUKTUREN

Die Studie zeigt außerdem, welche Strategien die jeweiligen Baumarten zur Verjüngung nutzen. Einige Arten sind besonders erfolgreich in dichten Wäldern, andere warten auf Störungen wie Feuer oder Stürme, die Lücken im Kronendach schaffen. Sobald genug Licht verfügbar ist, wachsen diese Arten schnell heran. Die unterschiedlichen Strategien der Baumarten spielen in Mischwäldern zusammen, das heißt, solche Wälder können besser auf klimatischen Stress reagieren, zum Beispiel indem mehr Arten aufkommen, die mit Dürre und Hitze klarkommen. Dadurch ändert sich nicht nur die Zusammensetzung des Waldes, sondern auch seine Struktur, das heißt die Mischung von Bäumen unterschiedlicher Größe und Alter – und es bilden sich Waldstrukturen, die nur in ungestörten und geschützten Wäldern entstehen können, so die WSL.