WOHNQUARTIER „FLORAS GARTEN“ VON HK ARCHITEKTEN

Architektur, 08.08.24
Wolfgang Zdimal
Vorarlberg ist seit langem Vorreiter in Sachen Holzbau. Mit dem lebendigen Quartier „Floras Garten“ ist nun ein weiterer Lebens- und Wohnraum im Zentrum der Gemeinde Lochau herangewachsen. Das Projekt präsentiert sich im spannenden modern-traditionellen Look.

Um das ehemalige Werksareal der Firma Russ in Vorarlberg zu wohnlichem Leben zu erwecken, wurde durch den Bauherren L1 Immobilien -GmbH & Co KG ein Konzept- und Planungswettbewerb ausgeschrieben, den HK Architekten, Hermann Kaufmann + Partner ZT GmbH aus Schwarzach, für sich entscheiden konnten. Maßgebliche Vorgabe war, den städtebaulichen Ansatz der nachbarschaftlichen Siedlungsstruktur aufzugreifen und auf eigenständige Weise fortzusetzen. Ausdrücklich gewünscht war auch die strikte Nord-Süd-Ausrichtung der gesamten Anlage, deren Sichtachse durch den in Farbasphalt ausgeführten öffentlichen Weg optisch hervorgehoben wurde. Die insgesamt acht Gebäude sind in großzügigen Abständen entlang dieser Achse gesetzt und abwechselnd um 90° gedreht. So werden differenzierte Außenbereiche und vielfältige Blickbeziehungen im dazwischenliegenden Grünraum geschaffen.

Tradition als Inspiration

Für Projektleiter Andreas Ströhle war von Anfang an klar, dass der Naturbaustoff Holz das stilbildende Element in „Floras Garten“ spielen sollte: „Wir sind mit der Grundidee eines Holzbauprojekts in den Wettbewerb gegangen und konnten ihn – nicht zuletzt deshalb – für uns entscheiden. In der weiteren Planung hat man sich dann auf eine hybride Bauweise verständigt, bei der jedes Material entsprechend seiner konstruktiven Vorteile verwendet wird. Bei der Gestaltung der Gebäude haben wir uns von der traditionellen, regionalen Architektur inspirieren lassen.“ Sämtliche Fassadenflächen sind in kleinformatigen Weißtanne-Schindeln ausgeführt. Die Fassaden sind sowohl oben als auch unten leicht nach außen gebogen – ein solcher „Wurf“ ist auch bei den Wälderhäusern im Bregenzerwald zu finden. Um die Gebäude auch weithin optisch voneinander abzugrenzen, sind die Fassaden in drei unterschiedlichen Farben gehalten. Die Schindel wurde dazu in Lignovit Platin von Adler getaucht.

„Durch das Holz bringen wir ein Stück Natur ins urbane Umfeld. Gleichzeitig zitieren wir die regionale Bauweise und interpretieren ihre traditionelle Formensprache neu.“ – Andreas Ströhle, Projektleiter, HK Architekten

Florales Leitmotiv

„Floras Garten“ wird dem Namen voll gerecht, denn die Freiräume und Plätze stehen in direkter Interaktion mit den Baukörpern. Andreas Ströhle geht ins Detail: „Der Name ‚Flora‘ leitet sich von der Göttin der Blumen ab. Jedes Haus trägt einen lateinischen Pflanzennamen, die entsprechenden Pflanzen wurden rundherum gesetzt. Auf diese Weise wird die Identifikation mit dem Lebens- und Wohnraum intensiviert, was wiederum ein nachhaltiges Gemeinschaftsgefühl erzeugt.“ Die Bewohner:innen haben Gelegenheit, auch selbst in „Floras Garten“ aktiv zu werden und sich einzubringen. Hochbeete laden dazu ein, den Außenbereich gemeinsam mit anderen zu individualisieren und zu pflegen – und auf diese Weise eine nachhaltige Bindung zum eigenen Lebens- und Wohnraum wachsen zu lassen. Gleichzeitig entdecken auch immer mehr Lochauer Bürger:innen die Vorzüge des neu entwickelten Quartiers. „Mit Sitzgelegenheiten, abwechslungsreichen Vegetationszonen und schattenspendendem Baumbestand sorgen wir für die gesellschaftliche Durchlässigkeit – selbstverständlich verkehrsbefreit und rollstuhlgerecht. Die ausgewogene Balance zwischen privaten und gemeinschaftlich genutzten Flächen fördert die Kommunikation und das Miteinander innerhalb und außerhalb des Areals“, erklärt Andreas Ströhle das gesellschaftliche Konzept.

Lebendige Durchmischung

Der Kopfbau der Anlage beherbergt auch gewerbliche Flächen, die aktuell mit einer Gynäkologiepraxis und der Ölmühle Sailer belegt sind. Auch der Mieter:innenmix der Wohnflächen ist bewusst breit gehalten – in den acht Baukörpern gibt es alle Varianten von der Ein-Zimmer-Wohnung mit 28 m2 bis hin zur Vier-Zimmer–Wohnung mit 90 m2. Sämtliche Wohnbereiche werden mittels Fußbodenheizung und Erdwärmepumpe mit Wärme versorgt. Auf den Dächern der Gebäude sind Photovoltaikanlagen installiert, die Dachflächen wurden extensiv begrünt. Diese Form der Abschattung und Belebung sorgt in den heißen Sommermonaten zusätzlich für etwas Abkühlung der Dachflächen, die Schindelfassaden puffern ebenfalls extreme Temperaturspitzen.

 

Ein Stück Natur

„Floras Garten“ erweckt ein ehemaliges Werksareal zu neuem Leben. Die insgesamt 88 neuen Wohnungen für potenziell mehr als 200 Bewohner:innen fügen sich harmonisch in das städtebaulich bereits entwickelte Umfeld ein. Aufgrund der Ausrichtung der Gebäude dient die Wegestruktur als Verbindungselement innerhalb der Gemeinde. Für Andreas Ströhle ist sicher, dass die bauliche Nutzung von Holz das Gesamtkonzept dieses Projekts abrundet: „Auf diese Weise bringen wir ein Stück Natur ins urbane Umfeld. Gleichzeitig zitieren wir die regionale Bauweise und interpretieren ihre traditionelle Formensprache neu. Das alles wissen die Menschen hier zu schätzen.“

Daten & Fakten