Aus Alt(holz) mach neu

Technik, 18.12.23
Christian Engel
Ein Unternehmen im südbadischen Bahlingen und ein Projekt in Berlin zeigen: Aus Altholz kann man sowohl im Kleinen als auch im Großen Wunderbares erschaffen. Zudem spart die Wiederverwendung von Altholz jede Menge CO2.

Dass er im Jahr 2023 elf Mitarbeiter:innen führt, in einer großen Firmenhalle jährlich unzählige Produkte fertigt, mit seinem Unternehmen Preise absahnt – nein, das hätte sich Jan Knopp niemals erträumen lassen, als er vor sechs Jahren daheim in der Garage ein bisschen rumsägt und rumleimt, Möbelstücke aus altem Holz fürs Eigenheim anfertigt. Aber: „Produkte aus Altholz sind seit einigen Jahren eben total im Kommen“, sagt der 36-Jährige heute. „Und wir haben eine Nische gefunden, die gut angenommen wird.“

In Südbaden ist Jan Knopp mit seiner Altholzgarage eine der wenigen Handwerksbetriebe, die sich auf den Einsatz von Altholz spezialisiert haben. Leichter könnte man es haben, sagt Geschäftsführer Knopp. Ein Spruch von ihm geht so: „Im Marketing ist Altholz toll, in der Werkstatt beschissen.“ Er lacht zum Glück dabei, also ganz so dramatisch scheint er es nicht zu meinen. Aber Altholz sei in der Verwertung und Verarbeitung eben hie und da doch mal wie ein kleines Überraschungsei: Da hat man sich im Holzstapel die passenden Stücke rausgesucht, sägt sie auf, um dann zu merken, dass sich mittig im geplanten Tisch ein Astloch befindet. Also erneut suchen. „Und im blödesten Fall hat man alte Nägel im Brett vergessen und dir fliegt das Hobelmesser um die Ohren“, sagt Jan Knopp. Mit konventionell zugesägten und astreinen Brettern aus der Sägerei wäre es in der Werkstatt deutlich leichter und planbarer. „Aber eben nie und nimmer so spannend und authentisch“, sagt Jan Knopp. „Und vor allem weniger ökologisch.“ 

„Am Anfang wurde ich aus­gelacht, dass ich Müll verarbeite.“ – Jan Knopp, Gründer der Altholzgarage

Enorme CO2-Einsparungen durch Wiederverwendung

Vor vier Jahren hat er selbst mal nachgerechnet: 2019 habe er durch die Wiederverwendung von Altholz 5,5 Tonnen CO2 gespart. „Das Holz wäre sonst verbrannt, das CO2 dadurch freigesetzt worden.“ Wie der Bundesverband der Altholzaufbereiter und -verwerter mitteilt, würden allein in Deutschland durch die energetische und stoffliche Wiederverwendung von Alt­holz jährlich rund 66 Mio. Tonnen CO2 eingespart werden. Das Marktvolumen betrage jährlich circa acht Mio. Tonnen Altholz. Siedlungs- und Verpackungsabfälle, Bauhölzer, Holzabfälle – da ist genug Holz vorhanden, um es noch mal zu nutzen. Jan Knopp hat es vor allem auf alte Scheunen abgesehen. 

Im Schwarzwald stehen sehr viele Scheunen herum, die nicht mehr genutzt werden, aber – vom Holz her – noch ganz gut in Schuss sind. Zumindest gut genug, wie Jan Knopp sagt, um es wiederzuverwenden. Ein Abbruchspezialist aus dem Kinzigtal reißt die Scheunen ab (natürlich nur nach dem Okay der Eigentümer:innen), sortiert das Holz, befreit es von Nägeln und Schrauben, packt es in eine Trockenkammer, um das Wasser rauszuziehen, um etwaige Schädlinge bis in den Kern zu verfolgen. Dann kommt das Holz zur Altholzgarage nach Bahlingen. 

In Berlin entsteht ein Haus aus recycelten Baumaterialien 

Und dort basteln die Schreiner:innen schöne Dinge daraus: Wandverkleidungen und Tische, Schiebetüren und Schilder, Bartresen und Bänke. Wichtig ist Jan Knopp, dass die Produkte kaum behandelt, in der Regel weder lackiert noch geölt werden: „Sie sollen ihren natürlichen Charakter und ihre Geschichte behalten, dadurch erzeugen sie viel mehr Wärme und Atmosphäre.“

633 km Luftlinie weiter nordöstlich haben sie sich ebenfalls auf die Wiederverwendung von Altholz geeinigt. Mehr noch aus nachhaltigen als aus ästhetischen Gründen. Das ökologisch denkende und agierende Architekturbüro LXSY-Architekten in Berlin hat dort den Umbau und die Aufstockung einer ehemaligen Lagerhalle geplant und umgesetzt. Der Clou dabei: Für das Gebäude mit dem Namen CRCLR-House wurden fast ausschließlich recycelte und nachhaltig hergestellte Baumate­rialien verwendet. Wände im Erdgeschoss etwa bestehen aus zusammengesteckten und verschraubten Holzverschnitten, die die Architekt:innen bei Tischlereien sammelten. Für eine Galerie wurde altes Seekiefernholz wiederverwendet. 

Steigende Tendenz beim Einsatz von Altholz 

Die eingesetzten Materialien und Produkte stammen von Abrissbaustellen, Messen, Museen oder aus Lagerbeständen von Firmen, teilt das Architekturbüro mit. Selbst funktionale Elemente wie Kabeltrassen, Sanitäranlagen, Lüftungsrohre und Heizungen seien gebraucht aus zweiter Hand verwendet worden: „Wir zeigen, wie der Erhalt von Bestand und der Einsatz nachhaltiger, nachwachsender und recycelter Materialien das Bauen von morgen positiv verändern kann.“

Jan Knopp aus dem südbadischen Bahlingen ist sich sicher, dass der Einsatz von Alt­holz in der Möbel- und Baubranche in Zukunft noch steigen wird. Viele Menschen würden immer nachhaltiger denken und seien auch bereit, für ökologische Produkte etwas mehr auszugeben. „Am Anfang wurde ich ausgelacht, dass ich Müll verarbeite“, sagt Jan Knopp. „Nun wächst der Kund:innenstamm von Jahr zu Jahr.“