Föhren im Wasserdampf

Branche, 08.10.24
Claudia Stieglecker
Schweizer Forschende sprühen Wasserdampf in die Baumkronen ausgewachsener Föhren, um aufzudecken, welchen Einfluss Boden- und Lufttrockenheit auf Waldbäume im Zuge des Klimawandels haben.

Im Walliser Pfynwald sprühen seit dem heurigen Frühsommer zahlreiche Düsen, an hohen Gerüsten montiert, mit Hochdruck Wasserdampf in die zwölf Meter hohen Wipfel von ausgewachsenen Wald-Föhren. Die Installation ist Teil des Großeperiments „VPDrought“, das die Auswirkungen von Boden- und Lufttrockenheit in einem natürlichen Waldökosystem entflechten soll, informiert die Eidgenössische Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL. Ziel sei es, zu verstehen, wie heiße und trockene Bedingungen die Resilienz von Wäldern beeinflussen und welche Prozesse zum Absterben von Bäumen führen.

DURSTIGE LUFT

Durch die Klimaveränderung steigt der „Luftdurst“: Je wärmer die Luft, desto mehr Feuchtigkeit kann sie aufnehmen. Dies führt dazu, dass die aufgeheizte Atmosphäre den Pflanzen und Böden mehr Wasser entzieht. Dieser „Durst“ wird Dampfdruckdefizit, kurz VPD, genannt. Hohe VPD-Werte führen zu einer übermäßigen Verdunstung, wodurch die Pflanzen unter Trockenstress geraten können. Zusätzlich zu den direkten Auswirkungen auf die Pflanzenphysiologie beschleunigt ein hohes VPD die Verdunstung aus Böden, wodurch ein Teufelskreis aus Bodentrocknung, Erwärmung der Landoberfläche und Trockenstress für die Pflanzen entsteht.

STRATEGIEN ENTWICKELN

Im Rahmen von „VPDrought“ wird daher sowohl der Einfluss von Luft-, als auch von Bodentrockenheit untersucht. Zu diesem Zweck bekommen die rund 130 Jahre alten Wald-Föhren einerseits unterschiedlich viel Bodenwasser, andererseits verbreiten Hochdruckdüsen in einem Teil der Baumkronen tagsüber Wasserdampf, der das VPD um etwa 20 bis 30 Prozent vermindert. Die Untersuchungen werden von der Pflanzenzelle bis zur Baum- und Ökosystemebene durchgeführt. Das Experiment läuft bis 2028, erste Ergebnisse sollen in den nächsten Jahren vorliegen. Die Erkenntnisse tragen zu verbesserten Klima-Vegetations-Modellen bei und fließen in zukünftige Waldbaustrategien und die Wahl von Zukunftsbaumarten ein, so die WSL.